Der Bürgerdialog der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag am 19.06.2024 in der Bismarckhalle in Siegen fand in Konkurrenz mit dem EM-Spiel Deutschland : Ungarn statt. Die Mitglieder des Deutschen Bundestages Prof. Dr. Harald Weyel, Stefan Keuter, Dr. Malte Kaufmann und Frank Rinck berichteten unterhaltsam und mit einigen begleitenden Anekdoten von ihrer Tätigkeit.
Prof. Weyel berichtet, daß er sich seit seiner Diplomarbeit 1987 mit dem Thema EU beschäftigt. Er erklärt an den Beispielen der 1986 zur europäischen Union dazugekommenen Länder Spanien und Portugal und den dortigen dt. Großinvestitionen in der Automobil- und optischen Industrie, daß aber mit dem Beitritt zur europäischen Union „nicht nur Probleme gelöst, sondern auch welche geschaffen werden.“ Als Beispiel hierfür führt er den Beitritt und die weitere Entwicklung Griechenlands in der EU (ab 1981) an und nimmt hier Bezug auf die notorische „Griechenlandrettung, die dann zur Eurorettung, die dann zur Gesamt-EU-Rettung ausartete.“ Prof. Weyel erläutert in diesem Zusammenhang die Problematik der Finanzierung durch EU-Mittel, die anderen Leuten dann z.B. den Renteneintritt mit 55 Jahren oder die Zahlung einer Sonderrente für unverheiratete griechische Offizierstöchter ermöglicht(e) etc.
Er führt aus, wo die EU durchaus Sinn macht(e): Import-Export, Direktinvestition, gemeinsame Ausbildung, wobei hinsichtlich gemeinsame Ausbildung das angestrebte Ziel und Entwicklungsversprechen über Jahrzehnte nicht eingetreten ist — und die Jugend Süd-Europas wie einst ihre Großväter und Väter noch immer eher nach Nordwesteuropa auswandert als im eigenen Lande zu etwas zu kommen.
Prof. Weyel kommt auf die Anfänge der EU zu sprechen, recht eigentlich beginnend zunächst den schon nach 1918/19 betriebenen BeNeLux-Projekt von Belgien, Niederlanden und Luxemburg. Die frz.-dt. „Montanunion“ war da eher ein Nachzügler und Italien der erste Trittbrettfahrer. Und Deutschland war dabei eher im Nachteil, da auch reichlich Kohle im eigenen Land gefördert werden konnte und der produzierte Stahl hochwertiger war, als der durch die Abnahme-Verpflichtung gegenüber Frankreich gewonnene. Man wurde sozusagen damit auch „ökonomisch unter’m Daumen“ gehalten.
Weiter ging es mit Entstehung der (alten) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), wobei man sich fragen kann, warum es bei dieser durchaus vernünftigen Sache nicht einfach geblieben ist. Doch auch diese Institution litt letztlich bereits damals unter einem Geburtsfehler, der sich im Laufe der Zeit dramatisch verschärfen sollte. Der EWG-Haushalt bestand nämlich jahrzehntelang zu fast 100% unter dem Thema Agrarsubventionen, also Nahrungsmittelproduktion mit dem Schwerpunkt Selbstversorgung — hinzu kamen und kommen noch immer: gewisse Kolonialaspekte zugunsten anderer Leute. Das Primärziel war es allerdings, die gesamten Industrie-Zölle von einem Welt-Durchschnitt von ca. 40% auf 0% herunterzufahren. Agrartechnisch profitieren die Franzosen und andere hiervon seit Anbeginn sehr viel mehr als Deutschland. Deshalb ist es auch Parteiprogrammpunkt der AfD, die Landwirtschaft in die nationale Verantwortung zurückzuholen.
Prof. Weyel erläutert, daß 40 Milliarden Euro von Deutschland an Brüssel überwiesen werden und von diesem Betrag ungefähr 20 Milliarden wieder zurückfließen, was die Frage aufwirft, ob dies wirklich Sinn macht und wofür das Geld verwendet wurde. Er kommt zurück auf die Länder Griechenland, Spanien, Portugal, wo seit 40 Jahren „keine substanzielle Verbesserung erfolgte, in Griechenland schon mal gleich gar nicht.“ Die Gelder aus Brüssel, für deren Zahlungen es schon reicht, wenn die Projekte auf dem Papier gut aussehen, dienten wohl v.a. dazu, einen Verwaltungs-, Partei- und Politapparat aufzubauen, den es ohne das künstliche Geld nicht gegeben hätte. Landwirtschaft oder Industrie florieren in diesen Ländern durch die Zahlungen nicht, auch ist die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit nicht nennenswert gestiegen.
Man ging und geht in etlichen dieser Länder teils mit 110 oder 100 Prozent der letzten Nettolöhne in Rente. Zum Vergleich: beim Haushaltsvermögen stehen die Problemländer ebenfalls sehr viel besser da als deutsche Bürger und Erwerbstätige, welche obendrein mit der Zahlung von 40% Rente nach einer Arbeitszeit von mindestens 45 Jahren auskommen müssen.
Dies allein zeigt schon die Haupt-Schieflagen innerhalb der EU auf. Und der Haushalt der EU wächst dabei stetig weiter an und steht im Moment aufgestockt bei rund 1.100 Milliarden Euro, die quasi in einem Siebenjahresplan festgelegt werden. Die AfD ist eher für einen Ein- oder maximal Zweijahresplan, damit man unsinnige Entscheidungen der Vorgänger stoppen kann.
„Die Welt wird besser, wenn dieser Organisation das Geld entzogen wird und das gilt nicht nur für das Thema EU, sondern auch für die Entwicklungshilfe, und das gilt auch für alle möglichen Taugenichtsveranstaltungen im eigenen Land.“
Wir zahlen 40 Milliarden Euro für das Gesamtpaket EU, welches eben genau kein Rundum-Sorglos-Paket ist (als was sie angepriesen wird) — weil die versprochenen Leistungen eben genau nicht geliefert werden. Und der Grenzschutz ist dabei auch genau das, was am meisten nicht geliefert wird, aber auch all die Versprechen „stärkster Wirtschaftsraum, Zuwachs an Arbeitsplätzen, Technologiesprüngen etc.“ (siehe die großspurige „Lissabon-Strategie“ nach der Jahrtausendwende) bleiben leere Versprechen und Worte.
Es ist eben wie in der Versicherungswirtschaft: das einzige was beim „Rundum-sorglos-Paket“ garantiert ist, ist die jährliche Beitragserhöhung während der Leistungsfall allerdings so gut wie nie eintritt. „Trotzdem behalten die Leute wohl eher aus reiner Gewohnheit denn aus nüchterner Überlegung ihre völlig überteuerte und schlechte Versicherung bei, auch das alte Parteibuch oder ihr Wahlverhalten bei, anstatt mal einen Blick in die ‚Stiftung Warentest‘ zu werfen. Und das sind wir, die AfD, ist sozusagen die ‚Stiftung Warentest‘ der Politik.“
Wir sind diejenigen, die wirklich den Stecker ziehen, den Reset-Button drücken wollen und eine neue Software aufspielen; und welche die Leute dazu bringt, sich ehrlich zu machen und nicht nur zu versprechen, sondern auch zu liefern.
Im Anschluß an die weiteren Redner wurden aus dem Publikum interessante Fragen gestellt, welche die anwesenden MdBs ausführlich beantworteten. Um 21:30 Uhr endete die gelungene und diesmal erfrischender Weise von Pseudo-Demonstration unbehelligte Veranstaltung.