Fragwürdige Personalpolitik in der Politik

Fragwürdige Personalpolitik in der Politik

Die lernunfähige Republik: Corona legt einen Makel der Politik schonungslos offen

Focus | 02.12.21

Wenn Amtsträger nach zwei Jahren Umgang mit der Pandemie zur Bearbeitung der Problemstellung noch immer nicht befähigt sind, stellt sich die Frage, ob das Personal für die wichtigsten Stellen im Staat auf die derzeit gegebene Weise sinnvoll rekrutiert wird. […]
Dass die Politik in Deutschland wenig vorausschauend handelt, ist nicht nur in Katastrophen zu beobachten, sondern gilt auch für Entwicklungen, die mit bloßem Auge lange vorherzusehen sind und erforderliche Handlungen auslösen müssten: Die Reparaturen an Brücken und Straßen, die digitale Ausstattung der Schulen, die Abhängigkeit der EU-Staaten von ausländischer Mikrochip-Produktion, fehlendes Fachpersonal in Krankenhäusern mit Auswirkungen auf die Versorgungsleistungen. Auch die neue Regierung will nicht voraussehen können, dass die zukünftigen Rentenzahlungen eine demographische Dimension aufweisen. Und so weiter…
Die Kritik, dass die Parteien ihre Funktion, geeignetes Führungspersonal für die zentralen Aufgaben des Staates zu rekrutieren, nicht effektiv erfüllen, wurde schon zu anderen Zeiten geäußert. Der Kölner Soziologe Erwin K. Scheuch hat dies vielfach dokumentiert. […] Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker formulierte die Kritik 1992 so: „Nach meiner Überzeugung ist unser Parteienstaat von beidem zugleich geprägt, nämlich machtversessen auf den Wahlsieg und machtvergessen bei der Wahrnehmung der inhaltlichen und konzeptionellen politischen Führungsaufgabe.“ Genau das war in der Pandemie zu beobachten, denn die Amtsträger wollten ihr Image durch unbeliebte Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt – was eine sachgerechte Führungsaufgabe erfordert hätte – nicht beschädigen und ließen das Land so gleich drei mal in die Wellen der Pandemie laufen. […]
Eine ernsthafte Frage, die sich aus den Folgen der Corona-Politik stellt, lautet deshalb: […] Wie sollte das Führungspersonal für die wichtigsten staatlichen Aufgaben rekrutiert werden, um die überlegene Handlungsfähigkeit der Demokratien herzustellen? Wenn das nicht gelingt, werden die Legitimationsprobleme in der postpandemischen Ordnung gravierende Wirkungen entfalten.

Kommentar:

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Ausführungen des Philosophen Peter Sloterdijk im Focus vom 01.10.21, die aktuelle Politikergeneration bestehe aus „ausnahmslosen Selbsterfindern“. „Das gilt natürlich vor allem für eine Person wie Annalena Baerbock, bei der man das Gefühl hat, dass der Übergang von einer Schülersprecherin zu einer Kanzlerkandidatin doch ein bisschen zu abrupt erfolgte.“
https://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl/schriftsteller-peter-sloterdijk-neuzeit-fuer-deutschland-bekannter-philosoph-raeumt-mit-einem-grossen-wahl-irrtum-auf_id_24293928.html

 

Erinnert sei auch an die Kritik von Klaus von Dohnanyi vom 25.09.21 in DIE WELT:
«Rot-Rot-Grün passt auf dem Papier am besten zusammen, aber ich fände es gefährlich, weil in dieser Kombination außer bei Olaf Scholz im Augenblick überhaupt kein ökonomischer Sachverstand zu sehen ist […]. Klare Worte fand er zu den Grünen: «Ich fürchte die Grünen, weil ich bei Frau (Annalena) Baerbock zu viel spontane Naivität sehe. Dass sie Außenministerin würde, kann ich mir wirklich nur mit Schrecken vorstellen.»
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article234015936/Von-Dohnanyi-fuerchtet-die-Gruenen-und-Baerbocks-Naivitaet.html?wtrid=kooperation.reco.taboola.free.welt.desktop

 

Brutal eindeutig auch das Urteil von Helmut Markwort am 07.12.21 im Focus: „Zwei Dinge haben Baerbock ins Auswärtige Amt gespült – Kompetenz war es sicher nicht“
https://www.focus.de/politik/deutschland/helmut-markworts-tagebuch-2-dinge-haben-baerbock-ins-auswaertige-amt-gespuelt-kompetenz-war-es-nicht_id_24483663.html

 

Und wieder lag und liegt die AfD wohl nicht so ganz falsch, wenn sie im Wahlprogramm 2021 schreibt: „Die Parteien sollen am politischen System mitwirken (Art. 21, Abs. 1 GG), es aber nicht beherrschen. Die Allmacht der Parteien und deren „Ausbeutung des Staates“ gefährden unsere Demokratie. Diese politische Instrumentalisierung des Staates ist auch Ursache der verbreiteten Politikverdrossenheit. […] Die Loyalität der Abgeordneten muss den Bürgern und dem Staat gelten, nicht den Parteivorständen. […]

 

Dem Wähler werden derzeit starre Wahllisten der Parteien zum Ankreuzen vorgelegt. Über die „sicheren Listenplätze“ bestimmen de facto die Parteivorstände die Zusammensetzung des Parlaments. Mit einer demokratischeren Gestaltung des Wahlsystems will die AfD dem Wähler die Entscheidung über die personelle Zusammensetzung der Parlamente zurückgeben.

 

Die ungebrochene Tendenz zum Berufspolitikertum hat der Monopolisierung der Macht Vorschub geleistet und die unübersehbare Kluft zwischen Wählern und Gewählten stetig vergrößert. Vetternwirtschaft, Filz, korruptionsfördernde Strukturen und Lobbyismus sind die Folge. […]

 

Um unser Ideal des Bürgerabgeordneten zu
verwirklichen, fordern wir eine Begrenzung der Mandatszeit für Abgeordnete auf vier und der Amtszeit für den Bundeskanzler auf zwei Legislaturperioden.“
https://www.afd.de/wp-content/uploads/sites/111/2021/06/20210611_AfD_Programm_2021.pdf

(965)