Ein fragwürdiger Artikel in der SZ

Ein fragwürdiger Artikel in der SZ

In Spanien wartet das Elend

Süddeutsche Zeitung | 07.08.18

Unmittelbar nach seinem Amtsantritt vor zwei Monaten versprach Spaniens neuer Premier Pedro Sánchez eine „humane Flüchtlingspolitik“. Auch ließ er den Rückbau der Grenzzäune um Ceuta und Melilla, die spanischen Enklaven in Nordafrika, ankündigen – und bekam viel Beifall aus der aufgeklärten, links und liberal orientierten europäischen Elite.
Doch nun vollzieht Sánchez im Eiltempo eine Kehrtwende, seine Minister schwärmen in die nordwestafrikanischen Staaten aus. Auch wenn es öffentlich nicht zugegeben wird, so ist ihre Aufgabe klar: Sie sollen dort die Regierungen zu einer Blockade der Maghreb-Route bewegen. Mit viel Geld, auch aus den Töpfen der EU. […]
Die realpolitische Kehrtwende des spanischen Premiers verdient eine genauere Betrachtung und keine Häme. Spanien hat mit Migration viel Erfahrung gesammelt und die Abgründe der modernen Wanderungsbewegungen erkannt. Sánchez glaubt deshalb, nun auch die eigene Gesellschaft stabilisieren zu müssen. Dieses Motiv muss man ihm zubilligen.

Kommentar:

Der Artikel wirft eine Reihe von Fragen auf wie z.B. diese:
1) Welche Reaktionen kommen denn nun „aus der aufgeklärten, links und liberal orientierten europäischen Elite“, die doch zunächst Beifall gespendet hat?
2) Macht nämlich Spaniens neuer Premier Pedro Sánchez jetzt nicht eine „inhumane Flüchtlingspolitik“, welche die „aufgeklärte, links und liberal orientierte europäische Elite“ lautstark kritisieren müsste?
3) Will Spanien denn nicht die europäische Außengrenze „dicht machen“, doch nicht in Europa, sondern mit Geldleistungen in Nord-West-Nordafrika?
4) Warum wird das nicht öffentlich zugegeben? Anders gefragt: Warum sollen die Europäer „dumm gehalten“ werden?
5) Warum ist die überaus schnelle „Kehrtwende“ des spanischen Ministerpräsidenten – positiv -ein Zeichen von Realpolitik? Und warum verdient dieses „Umfallen“ keine Häme?
6) Hat nicht auch Deutschland mit Migration viel Erfahrung gesammelt und erkennen nicht viele Deutsche „die Abgründe der modernen Wanderungsbewegungen“?
7) Wartet auf viele „Flüchtlinge“ nicht auch in Deutschland das beschriebene Elend?
8) Kann man überhaupt noch von „Flüchtlingen“ sprechen, wenn „die Befragungen durch die Behörden ein klares Bild [ergeben]: Fast niemand macht politische Verfolgung geltend, fast alle kommen aus der Mittelschicht und hoffen auf raschen Wohlstand.“
9) Müssten also nicht auch die Kanzlerin, die CDU/CSU/SPD als Parteien der Bundesregierung und die sie unterstützenden Grünen langsam den Eindruck gewinnen, „die eigene Gesellschaft stabilisieren zu müssen“?
10) Müsste „man“ (z.B. die Medien) dieses Motiv nicht auch denen in Deutschland zubilligen, die in der Flüchtlingspolitik eine „realpolitische Kehrtwende“ fordern wie die AfD?

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