Kritischer Lehrer stellt unkritischen Lehrern und anderen kritische Fragen

Kritischer Lehrer stellt unkritischen Lehrern und anderen kritische Fragen

Lehrer zur Corona-Debatte: Wieso haben wir nicht protestiert? Wo ist die Aufarbeitung?

Berliner Zeitung | 26.01.23

Inzwischen ist es nahezu unstrittig: Kinder und Jugendliche hatten mit am meisten unter den negativen Folgen der Anti-Corona-Maßnahmen zu leiden. […] Und obwohl dies inzwischen so deutlich sichtbar ist, nehme ich im Schulbereich so gut wie keine Diskussion über die (ausgebliebene) Wirksamkeit der Maßnahmen und damit über ihre Verhältnismäßigkeit wahr. Ich frage mich deshalb, wie uns das alles als Pädagog:innen nur passieren konnte. […]
So ist es mir […] unerklärlich, dass beispielsweise die vielen Mathematik-Lehrer:innen unter uns „die Zahlen“ […] nicht kritisch hinterfragt haben. […]
Ich frage mich heute, wie es passieren konnte, dass Biologie-Lehrkräfte die Behauptungen bzw. Prophezeiungen über die Wirkung der Impfung gegen Covid-19 nicht kritisch hinterfragt haben. […]
Ich frage mich: Wie konnte es passieren, dass Deutsch-Lehrkräfte den damit verbundenen verbalen Entgleisungen wie „Tyrannei der Ungeimpften“ (Frank-Ulrich Montgomery), der Forderung, dass „die ganze Republik mit dem Finger auf sie zeigen (solle)“ (Nikolaus Blome), oder dem Vergleich von Kindern mit den Ratten während der Pest (Jan Böhmermann) nicht entschieden widersprochen haben? […]
Wie konnte es passieren, dass Politik-Lehrkräfte […] nicht auf die Interessengeleitetheit politischer Entscheidungen hingewiesen und die konstitutive Bedeutung des Meinungspluralismus für die Demokratie nicht unterstrichen haben? […]
Wie konnte es passieren, dass Gewerkschaften und Verbände, die sonst immer kritisch gegenüber der Übermacht des Staates waren, auf einmal nicht nur völlig uneingeschränkt die von Bund und Ländern beschlossenen Einschränkungen unterstützten, sondern sogar noch weitere Verschärfungen forderten?

Kommentar:

„Ziel des Gymnasiums ist die Vermittlung einer vertieften allgemeinen Bildung, die zur Aufnahme eines Hochschulstudiums befähigt und für eine berufliche Ausbildung qualifiziert. Der Unterricht soll zur Auseinandersetzung mit komplexen Problemstellungen anleiten und zu abstrahierendem, analysierendem und kritischem Denken führen.“ (Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW)

Wenn man den obigen Artikel gelesen hat, stellt sich aber die Frage: Wie viele Lehrerinnen und Lehrer können und wollen in ihrem Unterricht noch „zu abstrahierendem, analysierendem und kritischem Denken führen“?
Noch provakanter könnte man fragen: Wie wollen Lehrer ihre Schüler zu mündigen Staatsbürgern erziehen, wenn viele es offenbar selbst nicht sind?
Deutschland verdummt. Das ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Demokratie. Und zu Recht weist der Autor auch kritisch auf die oft unkritische Arbeit der Medien hin: „Befeuert durch weite Teile der Medien.“

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