Super-Artikel der WirtschaftsWoche
Baring war wohl einer der Letzten, der das noch wollte und konnte: Sachverhalte überspitzen, um ihren Kern kenntlich zu machen. [… ]Thilo Sarrazin wollte es acht Jahre später sicher auch. Aber er konnte es nicht […].Die kritische, zuweilen vernichtende Rezeption von „Deutschland schafft sich ab“ bestätigte, […] dass das Denken durch moralische Hygiene ersetzt werde, so damals der Medienphilosoph Norbert Bolz, dass abweichende Meinungen nicht mehr kritisiert, sondern gehasst, dass Einspruchsdenker nicht mehr widerlegt, sondern zum Schweigen gebracht würden. Und tatsächlich: Seither schließen sich die Streitfenster in Deutschland, seither schrumpft der Raum der Öffentlichkeit, seither wird die Demokratie immer kleinlauter […]. Wie konnte es dazu kommen? […]
Ein wichtiger Grund: Merkel hat das Kanzleramt zu einer Nichtregierungsorganisation umgebaut, die dem Nötigsten hinterher amtiert und das Land fast schon lächerlich anspruchslos bewirtschaftet. […] Die Merkel-CDU ist geradezu definiert als Partei, die dem Primat der Demoskopie allen geschichtlichen Sinn opfert, die nicht am Weltgeist arbeitet, sondern sich dem Zeitgeist unterwirft. Sie verzichtet ganz aufs Erzählen, weil für sie nur die Umfrage, also der Machterhalt zählt. […] Die CDU lehnt den „gesellschaftlichen Wandel“ so lange ab, bis er sich ohne ihr Zutun durchgesetzt hat oder bis er ihr krisenhaft aufgezwungen wird, um sich sodann an seine Spitze zu stellen. Anspruchsloser und inhaltsleerer geht es nicht.
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