Super-Artikel der Wirtschaftswoche

Super-Artikel der WirtschaftsWoche

Fetzt Euch – aber richtig!

WirtschaftsWoche | 29.08.20

Wir haben es mit einer „ertrinkenden Regierung“ zu tun, wettert der Wutbürger, und mit Parlamentariern, denen „ihr Volk fremd“ geworden ist. Das Land befinde sich „seit langem im steten Niedergang“, sei auf „dem Weg in eine westliche ´DDR light`“, auch wenn „gegen Tatsachen blinde Gutmenschen“ und politische „Deppen“ das Offensichtliche immer noch leugnen würden: „Bürger, auf die Barrikaden! Wir dürfen nicht zulassen, dass alles weiter bergab geht, hilflose Politiker das Land verrotten lassen… Wir sind das Volk!“ Nicht Björn Höcke hat das gesagt. Nicht Alexander Gauland. Nicht mal Thilo Sarrazin. Sondern Arnulf Baring. Vor fast 18 Jahren. In der FAZ. […]
Baring war wohl einer der Letzten, der das noch wollte und konnte: Sachverhalte überspitzen, um ihren Kern kenntlich zu machen. [… ]Thilo Sarrazin wollte es acht Jahre später sicher auch. Aber er konnte es nicht […].Die kritische, zuweilen vernichtende Rezeption von „Deutschland schafft sich ab“ bestätigte, […] dass das Denken durch moralische Hygiene ersetzt werde, so damals der Medienphilosoph Norbert Bolz, dass abweichende Meinungen nicht mehr kritisiert, sondern gehasst, dass Einspruchsdenker nicht mehr widerlegt, sondern zum Schweigen gebracht würden. Und tatsächlich: Seither schließen sich die Streitfenster in Deutschland, seither schrumpft der Raum der Öffentlichkeit, seither wird die Demokratie immer kleinlauter […]. Wie konnte es dazu kommen? […]

 

Ein wichtiger Grund: Merkel hat das Kanzleramt zu einer Nichtregierungsorganisation umgebaut, die dem Nötigsten hinterher amtiert und das Land fast schon lächerlich anspruchslos bewirtschaftet. […] Die Merkel-CDU ist geradezu definiert als Partei, die dem Primat der Demoskopie allen geschichtlichen Sinn opfert, die nicht am Weltgeist arbeitet, sondern sich dem Zeitgeist unterwirft. Sie verzichtet ganz aufs Erzählen, weil für sie nur die Umfrage, also der Machterhalt zählt. […] Die CDU lehnt den „gesellschaftlichen Wandel“ so lange ab, bis er sich ohne ihr Zutun durchgesetzt hat oder bis er ihr krisenhaft aufgezwungen wird, um sich sodann an seine Spitze zu stellen. Anspruchsloser und inhaltsleerer geht es nicht.

Kommentar:

Unbedingt lesenswert! Teilen Sie dieses Urteil?

(1082)