Widerstand von unten gegen die da oben

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CDU-Basis bringt Zusammenarbeit mit AfD ins Spiel

Magdeburger Volksstimme | 03.09.19

Der Richtungsstreit in der CDU flammt neu auf. Erst im Juni hatte der Harzer Kreisvorsitzende und Landtags-Fraktionsvize Ulrich Thomas eine auch parteiintern umstrittene Denkschrift […] mit erarbeitet und eine Koalition mit der AfD nicht ausgeschlossen.
Jetzt legt der Harzer Kreisverband nach. Ein in Parteikreisen kursierendes Positionspapier des mitgliederstärksten Verbandes im Land lässt den ausdrücklichen Wunsch nach einer Annäherung an die AfD erkennen. Damit begeben sich die Harzer in Widerspruch zu einem Strategiepapier, welches die Parteispitzen am Wochenende beschlossen. In diesem heißt es, AfD und Linke seien für die CDU „weder Ansprechpartner noch Verbündete.“ Eine „institutionelle oder strategische Zusammenarbeit“ werde es mit beiden nicht geben

Kommentar:

Auch in den folgenden Zeitungen ist das ein Thema:

 

1) Der Spiegel titelt am 03.09.19: CDU-Basis bringt Zusammenarbeit mit AfD ins Spiel.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/cdu-basis-in-sachsen-anhalt-bringt-zusammenarbeit-mit-afd-ins-spiel-a-1285034.html
„Zukünftige Regierungsbündnisse müssen für die CDU mit den Parteien erfolgen, mit denen es die größten Schnittmengen gibt“, heißt es unter anderem, verbunden mit den Forderungen nach härteren Abschieberegelungen und einem Verbot der Vollverschleierung. […] „Aktuelle Konstellationen führen zur deutlichen Schwächung der CDU als letzte verbliebene Volkspartei, weil sie die partikularen Interessen von Randgruppen, kleiner Parteien und der Opposition zulasten eigener Inhalte stärken.“ Die eigene Partei erwecke derzeit den Eindruck, man regiere „um des Regierens willen“. Bei der Landtagswahl 2021 drohe der CDU deshalb „ein Fiasko“.

 

2) Die ZEIT am 05.09.19: „Wo der Kenia-Frust die Abgrenzung zur AfD aufweicht“
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-09/cdu-osten-afd-regierungsbildung-kenia-koalition-brandenburg-sachsen
Dort heißt es aber sofort: „Dort kritisieren einige Hinterbänkler das AfD-Tabu.“
Doch wie Sie der Magdeburger Volksstimme entnehmen konnten, handelt es sich nicht nur um „Hinterbänkler“, sondern u.a. um den Harzer Kreisvorsitzenden und Landtags-Fraktionsvize Ulrich Thomas. Und auch Sachsen-Anhalts CDU-Landeschef Holger Stahlknecht wird zitiert: „In der CDU gibt es keine Denkverbote. Ich verbiete niemandem den Mund.“ Und: „Ich verbitte mir, mir ständig den moralisierenden Zeigefinger vor die Nase zu halten, wenn jemand konservative Gedanken äußert.“

 

3) Die FAZ greift am 05.09.19 ein Thema auf, das in einigen Zeitungen schon vorher für Diskussionen gesorgt hat (und auch in dem vorhergehenden Artikel der ZEIT erwähnt wird). „Trotz Kooperationsverbots : In Frankenstein arbeiten CDU und AfD ab jetzt zusammen“.
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/cdu-und-afd-bilden-eine-fraktion-in-frankenstein-16369662.html
„Der CDU-Kreisverband Kaiserslautern-Land hat einen Parteiausschluss von Monika Schirdewahn beantragt, weil die Zusammenarbeit dem Beschluss eines bundesweiten Kooperationsverbots mit der AfD durch die Parteispitze widerspricht. […] Für den CDU-Kreisvorsitzenden Marcus Klein war damit eine rote Linie überschritten. Der „Rheinpfalz“ sagte er: „Die Bildung einer Koalition mit der AfD verstößt gegen Beschlüsse der CDU und ist parteischädigend. Deshalb habe ich Frau Schirdewahn aufgefordert, davon Abstand zu nehmen. Oder zumindest ihre Mitgliedschaft ruhen zu lassen.“

 

Lustig:
Mit derselben Begründung müssten Herr Klein und andere CDU-Funktionäre Frau Merkel auffordern, „ihre Mitgliedschaft ruhen zu lassen“.
Begründung:
Erinnern Sie sich an den CDU-Parteitag in Essen im Dezember 2016? Die ZEIT titelte am 07.12.16 „Merkel lehnt Parteitagsbeschluss zum Doppelpass ab“ und führte aus: „Die CDU-Delegierten düpieren die Parteispitze und kündigen den Kompromiss zur doppelten Staatsbürgerschaft auf. Die Kanzlerin will an der bisherigen Regelung festhalten.“
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-12/staatsbuergerschaft-cdu-parteitag-integration
Merke:
Wenn Frau Merkel sich als Parteivorsitzende über einen Beschluss des Parteitags hinwegsetzt („Es werde in dieser Legislaturperiode keine Änderung dazu geben und sie halte den Beschluss persönlich für falsch, sagte CDU-Chefin Angela Merkel. „Ich glaube auch nicht, dass wir einen Wahlkampf über den Doppelpass machen, wie wir das früher mal gemacht haben“, sagte die Kanzlerin.“), dann bekommt sie am Ende des Parteitags sogar Ovationen. Wenn das auf der unteren Ebene geschieht, dann ist das ganz schlimm und muss Konsequenzen haben.

 

Das gilt natürlich auch für den neuesten Fall: Ein NPD-Mann wird mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP zum Ortsvorsteher gewählt – und das einstimmig.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-09/hessen-npd-stefan-jagsch-wahl-ortsvorsteher-erklaerung
Der Aufschrei ist groß und die Reaktionen für viele Leser fragwürdig:

 

„Die Wahl ist doch vollkommen korrekt abgelaufen. Die NPD ist nicht verboten.
Was soll also dort “ korrigiert “ werden? Diese Wahl zu wiederholen nur weil das Ergebnis nicht genehm ist, wäre nicht demokratisch.“ (Leserkommentar in der ZEIT)
„Ich kenne den Mann nicht, und es ist mir vollkommen egal, warum er von wem gewählt wurde. Aber wenn nun Leute fordern, eine offensichtlich korrekt zustande gekommene Wahl zu annullieren, weil ihnen das Ergebnis nicht paßt, dann müssen Warnleuchten angehen.“ (Leserkommentar in der WELT)

 

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