Wieder soll auf ein Kreuz verzichtet werden

Wieder soll auf ein Kreuz verzichtet werden

Kreuzzug mal andersrum

Cicero | 25.05.17

Für das Berliner Humboldt-Forum wird ein altes Preußenschloss rekonstruiert, auf dessen Dach einst ein Kreuz stand. Doch auf dieses soll nun verzichtet werden. Dafür werden auch die dümmlichsten Argumente herangezogen. […]
Toleranz hat etwas mit Standpunkten zu [tun]. Wer Dialog will, muss auch die Kontroverse wollen. Wer die Gegenwart ohne Vergangenheit verstehen möchte, der versteht gar nichts.

Kommentar:

Als regelmäßiger Leser dieser Presseschau kennen Sie natürlich den Leiter des Humboldt Forums: Es ist seit April 2015 der Brite Neil MacGregor. Er wurde von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters berufen und im September 2016 von ihr bei der Begrüßung zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Denkmalkultur“ zitiert. Sie erinnern sich?
„Dass nach 1990, als das wiedervereinte Deutschland seine Rolle in Europa und der Welt vorsichtig neu definierte, das lang umstrittene Holocaust-Mahnmal […] zum bedeutendsten Denkmal in Berlin wurde, das hat für sich genommen schon hohe Symbolkraft. Neil MacGregor hat anhand dieses Beispiels auf eine Besonderheit deutscher Denkmalkultur aufmerksam gemacht. Er kenne, schrieb er im Buch zu seiner Ausstellung „Deutschland. Erinnerungen einer Nation“, er kenne „kein anderes Land, das in der Mitte seiner Hauptstadt ein Mahnmal der eigenen Schande errichtet hätte.“
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2016/09/2016-09-06-gruetters-denkmalkultur.html
Wenn Sie das Zitat an Höcke erinnert, ist das wohl kein Zufall. Doch wer hat sich vor weniger als einem Jahr (bzw. ca. 3 Monate vor Höcke) über das Urteil „Denkmal der Schande“ aufgeregt? Warum sollte man auch: Ist und bleibt es nicht ein „Denkmal der Schande“, ein Denkmal, das an die Schandtaten von Nazi-Deutschland erinnert?
Sicher ist dem Satz von ERNST ELITZ zuzustimmen: „Wer die Gegenwart ohne Vergangenheit verstehen möchte, der versteht gar nichts.“ – das gilt für das Holocaust-Denkmal, aber ebenso auch für die Rekonstruktion des Stadtschlosses. Oder nicht?
Schlussbemerkung:
Verzicht auf das Kreuz? Auch das kommt einem bekannt vor. Haben nicht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (Kardinal Marx) und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (Heinrich Bedford-Strohm) im Oktober bei ihrem Besuch des Tempelbergs in Jerusalem auch ihre Kreuze abgenommen? Vgl. u.a.:
https://www.nzz.ch/feuilleton/zeitgeschehen/deutsche-bischoefe-ohne-kreuz-auf-dem-jerusalemer-tempelberg-anschwellendes-unbehagen-ld.130529
Dort wird z.B. formuliert: „Aber nicht minder zeigt sich darin eine vorauseilende Selbstrelativierung, die Andersgläubigen gegenüber gar nicht mehr für das Eigene einsteht. Wird diese Tendenz eines anpassungsbeflissenen und bekenntnisschwachen Christentums durch die Bilder von den kreuzlosen Bischöfen nun noch verstärkt?“
Anders der Islam:
Kölner Zentralmoschee Ein Halbmond über Ehrenfeld
http://www.express.de/koeln/koelner-zentralmoschee-ein-halbmond-ueber-ehrenfeld-26920984

(1918)