„Corona-Skeptiker“ = Radikale? Extremisten? Antidemokraten?

„Corona-Skeptiker“ = Radikale? Extremisten? Antidemokraten?

Ziemiak zu Protesten – „Extremisten missbrauchen die Corona-Krise als Plattform“

DIE WELT | 11.05.20

Auch am Wochenende sind in vielen Städten des Landes Menschen gegen die Ausgangsbeschränkungen auf die Straßen gegangen. Deutsche Spitzenpolitiker warnen vor den radikalen Botschaften der Corona-Skeptiker. […] CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte der „Augsburger Allgemeinen“: […] Die CDU nehme die Sorgen der Bürger ernst. „Aber klar ist auch, dass wir konsequent gegen diejenigen vorgehen, die jetzt die Sorgen der Bürger mit Verschwörungstheorien anheizen und Fake News in Umlauf bringen.“
Wer die Pandemie leugne und zum Verstoß gegen Schutzvorschriften aufrufe, nutze die Verunsicherung der Menschen schamlos dafür aus, die Gesellschaft zu destabilisieren und zu spalten, befand SPD-Chefin Saskia Esken im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wegschauen und Schweigen hilft nicht. Hier müssen wir gegenhalten und uns als streitbare Demokraten erweisen.“

Kommentar:

1) „Merkwürdig“ (im wahrsten Sinne des Wortes) findet es der Kommentator, wenn der Generalsekretär der Kanzlerpartei „konsequent gegen diejenigen vorgehen“ will, „die jetzt die Sorgen der Bürger mit Verschwörungstheorien anheizen und Fake News in Umlauf bringen.“ Das bedeutet doch konkret: Die CDU ist (wieder einmal) im Besitz der „Wahrheit“ und wer diese Wahrheit nicht anerkennt, gegen den muss „konsequent“ vorgegangen werden! Was bedeutet „vorgehen“ inhaltlich? Und was hat das noch mit Meinungsfreiheit zu tun? Wo bleibt die inhaltliche Auseinandersetzung mit abweichenden Meinungen? Lebt die Demokratie nicht von kontroversen Debatten?

2) Argumentiert die SPD-Chefin nicht ähnlich „merkwürdig“, wenn sie Demonstranten einfach unterstellt, sie „nutz[t]e[n] die Verunsicherung der Menschen schamlos dafür aus, die Gesellschaft zu destabilisieren und zu spalten“ und wenn sie dann formuliert „Wegschauen und Schweigen hilft nicht. Hier müssen wir gegenhalten und uns als streitbare Demokraten erweisen“?
Wer ist „wir“? Wer sind die „streitbaren Demokraten“? Sind die Kritiker per definitionem keine „streitbaren“ Demokraten? Können Kritiker in einer Demokratie nicht auch der Meinung sein „Wegschauen und Schweigen hilft nicht. Hier müssen wir gegenhalten und uns als streitbare Demokraten erweisen“?

3) Ähnlich sieht es auch ein Leser der WELT: „Ich empfinde die Wortwahlen der hier genannten Politiker als gesellschaftsspaltend. Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, Impfgegner und weder links- noch rechtsradikal, aber dass einem nahegelegt wird, man sei extrem und demokratiefeindlich und würde die Verunsicherung schamlos (!!!) schüren, wenn man sich (gewaltlos) kritisch zeigt, ist schon ein starkes Stück. Auch gefällt mir der Belehrungssprech der Politiker überhaupt nicht, das klingt nicht erst seit Corona sehr hoffärtig und borniert. Nach Johns Hopkins haben wir aktuell noch 18.710 aktive Coronafälle in Deutschland. Vor 2 Wochen waren es noch mehr als doppelt so viele. Hat denn keiner der hier genannten Politiker eine Empathiefähigkeit gegenüber den „kritischen“ Menschen, die vielleicht gerade ihre berufliche Basis verlieren? Warum nimmt man die nicht mit? Die Kommunikation der Top-Politiker im Lande ist katastrophal!!!“

 

Im Übrigen zeigen die aktuell 706 Leserkommentare, wie positiv eine breite Diskussion unterschiedlicher Standpunkte sein kann.

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