Gedanken zur Landtagswahl in Niedersachsen

Gedanken zur Landtagswahl in Niedersachsen

Ein Kommentar von Johanna Locke

Vor zwei Wochen schrieb ich hier über meine Gedanken zur Italien-Wahl. Die italienischen Wähler stimmten dabei eindeutig für einen Politikwechsel. Auch in Deutschland ist die Unzufriedenheit groß: 68% der Befragten sind laut einer aktuellen Umfrage mit der Arbeit der Ampel-Koalition in Berlin unzufrieden.

Dabei zeigt sich zwar ein großes Ost-West-Gefälle, dennoch dürfte auch die Mehrheit der Niedersachsen NICHT zu den Ampel-Fans gehören. Dennoch wählten sie mit SPD und Grünen genau die Parteien, die den Ampel-Kurs vorgeben.

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass bei diesen Landtagswahlen auch über die Tätigkeit (ich vermeide bewusst das Wort „Arbeit“) der Parteien in Berlin abgestimmt wurde: bundespolitische Themen spielten im Wahlkampf eine große Rolle. So verwundert es angesichts der von Lindner & Co. gebrochenen Wahlversprechen keineswegs, dass sich FDP-Wähler von „ihrer“ Partei abwandten. Aber auch die Grünen haben praktisch alle Wahlversprechen zur Bundestagswahl gebrochen: „Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete“, „Wirtschaft und Klima ohne Krise“ oder „Züge, Schulen, Internet – ein Land das einfach funktioniert“ – um nur einige zu nennen.

Wir sollten uns jedoch an den einen Spruch erinnern, der passt: „Zukunft passiert nicht. Wir machen sie.“ Wie also ist zu erklären, dass sich die Grünen in Niedersachsen im Vergleich zu 2017 von 8,7% auf 14,5% der Wählerstimmen steigern konnten? Einerseits natürlich durch die massive Schützenhilfe der „Qualitätsmedien“, insbesondere der Öffentlich-Rechtlichen, die ihre Parteilichkeit immer deutlicher zum Ausdruck bringen. Aber andererseits liegt es wohl auch an der Mentalität der Grünen-Wähler selbst. Kommunikationstheoretiker Norbert Bolz hat das wohl mit seinem Tweet am besten erfasst: „Die Zustimmung zu den Grünen ist völlig von der objektiven Lage abgekoppelt, denn es geht um religiöse Heilsgewissheit.“

Über SPD und CDU muss eigentlich nicht viel gesagt werden: statt eigenständigen politischen Inhalten haben sie eine große Stammwählerschaft, die „ihre“ Partei wohl auch dann noch wählen wird, wenn diese einen Besenstiel als Spitzenkandidaten aufstellen würde. Zwar fuhren beide Verluste ein, aber in Anbetracht der durch BEIDE Parteien verursachten katastrophalen Lage in Bund und Land fielen diese viel zu gering aus. So bekommt Niedersachsen nun also eine rot-grüne Regierung, die zu 100% auf grünem Ampel-Kurs liegt – und sich damit praktisch nicht von der offiziell schwarz-grünen Regierung unterscheidet, die wir seit einigen Monaten in NRW haben.

Es ist offensichtlich, dass die deutsche Politik seit mehr als 10 Jahren von links-grünen Ideologien dominiert wird. Und wie immer scheitert die (diesmal ökosozialistische) Planwirtschaft an der Realität: verrottete Infrastruktur, abnehmendes Bildungsniveau und öffentliche Sicherheit, zunehmende Staatsverschuldung trotz stetig steigender Steuereinnahmen, Abwanderung von Leistungsträgern, eine Bundeswehr, deren Munitionsvorräte für knapp 2 Tage Krieg reichen würden und jetzt ein absehbarer Zusammenbruch der Energieversorgung. Und dennoch wählten die Niedersachen mehrheitlich ein Weiter-So?

Diese Analyse stimmt so nicht ganz: immerhin gab es etwa 40% Nichtwähler und ungültige Stimmen. Die Nichtwähler sind somit die größte Kraft im Land und lassen die tatsächlichen Stimmanteile der SPD auf 20,0%, der CDU auf 16,9%, der Grünen auf 8,7%, Der AfD auf 6,5% und der FDP auf 2,8% sinken. Aber wer sind diese Nichtwähler? Ein Großteil ist vermutlich aus Faulheit und/oder Desinteresse nicht zur Wahl gegangen, aber viele haben sich auch ganz bewusst vom „System“ abgewandt, oft aus Frustration darüber, dass sie mit ihrer Stimme ohnehin nichts verändern können.

Bei den Landtagswahlen in NRW lag der Anteil der Nichtwähler übrigens bei 44,5%
Dazu passt auch das Ergebnis der oben bereits angeführten Umfrage, dass 47% der Befragten weniger oder gar nicht damit zufrieden sind, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert (44% im Westen, 63% im Osten).

Aus persönlichen Gesprächen und Kommentaren auf sozialen Medien konnte ich erkennen, dass sich viele bewusste Nicht-Wähler auch vom Grundgesetz verabschiedet haben und die BRD nicht (mehr) als souveränen Staat betrachten. Ich halte unser Grundgesetz jedoch für eine große Errungenschaft. Ich würde mir einfach nur wünschen, dass es tatsächlich strikt umgesetzt wird, Stichworte: Meinungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, freie Berufsausübung und Privatbesitz. Nicht-Wählen ist für mich keine Lösung, denn jede nicht abgegebene Stimme wird letztlich als stille Zustimmung für die Wahlgewinner gewertet.

Aber auch ich bin SEHR unzufrieden mit der Umsetzung der „Demokratie“ in Deutschland. Insbesondere halte ich ein System, das erlaubt, dass sich Parteifunktionäre das Land zur Beute machen, lukrative Posten an Freunde und Familie verteilen und Gesetze unter sich ausklügeln, die dann von den Listen-Abgeordneten im Bundestag (und den ebenfalls parteilich besetzten Verfassungsgerichten) nur noch brav abgesegnet werden, für gescheitert.

Ein System, in dem ein Bürger alle paar Jahre mal zur Wahlurne gehen darf, aber ansonsten stillschweigend hinzunehmen hat, wenn Politiker ihre Wahlversprechen brechen (und sogar öffentlich verkünden, dass ihnen die Interessen anderer Staaten wichtiger sind als die Interessen ihrer Wähler) , hat für mich mit Demokratie nicht mehr viel zu tun.

Dazu noch ein Gedanke zum Abschluss. Bei der Bundestagswahl 2021 gab es 60,4 Millionen Wahlberechtigte.
Die Anzahl der Netto-Steuerzahler außerhalb des Öffentlichen Dienstes liegt bei knapp 15 Millionen, Tendenz bekanntlich sinkend. In unserem Wahlsystem entscheidet also eine 3/4-Mehrheit, die auf die eine oder andere Art auf Staatskosten lebt, darüber, wie das Geld des einen Viertels, das den Staat am Laufen hält, ausgegeben wird. Gerechtigkeit sieht für mich anders aus!