Neuer Aufruf zu Verhandlungen

Neuer Aufruf zu Verhandlungen

Waffenstillstand jetzt!

DIE ZEIT | 29.06.22

Die Verfasser dieses Appells fordern den Westen auf, den Ukraine-Krieg durch Verhandlungen zu beenden. […]
Der Westen muss sich Russlands Aggression in der Ukraine und weiteren revanchistischen Ansprüchen geeint entgegenstellen. Doch ein Fortdauern des Kriegs in der Ukraine ist nicht die Lösung des Problems. Die aktuellen Entwicklungen […] zeigen, dass die Eskalationsgefahr zunimmt. Der Westen muss alles daransetzen, dass die Parteien zu einer zeitnahen Verhandlungslösung kommen. Sie allein kann einen jahrelangen Abnutzungskrieg mit seinen fatalen lokalen und globalen Folgen sowie eine militärische Eskalation, die bis hin zum Einsatz nuklearer Waffen gehen kann, verhindern.

Kommentar:

Die Leserreaktionen auf den Aufruf zeigen erschreckend deutlich, wie bei uns eine Debattenkultur verloren gegangen ist. In einer funktionierenden Demokratie müssen unterschiedliche Meinungen selbstverständlich vorgetragen werden dürfen, sie müssen auch kontrovers diskutiert werden, aber immer im gegenseitigen Respekt. Aber selbst auf ZEIT-Leser-Niveau ist das wohl nicht mehr so, wie ein Blick in die aktuell 2.470 Leserkommentare beweist. Es geht sehr oft nicht um sachliche Kritik, sondern um ein Niedermachen der abweichenden Meinung – mit hoher moralischer und verbalen Aufrüstung. Dazu nur ein Bespiel:

„Ich habe jetzt zwei mal diesen Aufruf durchgelesen. Wie es konkret gehen kann mit dem Verhandeln: Dazu kommt NICHTS!
Stattdessen tritt beim mehrmaligen Durchlesen die Unehrlichkeit des ganzen Aufrufs immer deutlicher zutage. Letztendlich fordern die Verfasser unter Aufbietung zahlreicher unbelegter Behauptungen nichts anderes als eine Selbstaufgabe der Ukraine, damit endlich wieder Ruhe ist. Ehrlich: Diese erneute dümmliche Wortmeldung der einschlägigen Superspezialisten ist es nicht wert, mit einer weiteren Empörungswelle geadelt zu werden. Zeitenwende bedeutet auch, solches abgetakelte Gewäsch einfach abfließen zu lassen und dann wieder ernsthaft zu diskutieren, was zu tun ist.“

Die AfD-RBK hat vor der Wahl in einem Flyer darauf hingewiesen, dass „nur noch 45% der Deutschen glauben, dass man bei uns seine politische Meinung frei äußern kann, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen,“ Der niedrigste Wert seit 1953!
Und sie hat aus dem Wahlprogramm folgenden Passus zitiert:
„Im Zentrum unseres Menschenbildes stehen Freiheit und Verantwortung, Und deshalb tritt die AfD dafür ein, dass es wieder ganz normal wird, die eigene Meinung auszusprechen: In den sozialen Medien, in der Schule, an der Uni, am Arbeitsplatz – wo auch immer sich die Bürger dieses Landes austauschen möchten“.
Sollte man diese „undemokratische“ und „verfassungsfeindliche“ Richtung nicht unterstützen?

(482)